Die Lichtfalle bringt den Springschwanz an den Tag

Selbst im Winter noch genug Anschauungsmaterial für BN-Naturmobil / Neue Angebote auch bereits für das "G8"

Laubdecke
Dr. Ulrich Sötz zeigt den Kindern, wie lebendig es unter der Laubdecke zugeht. Schon sitzen Marienkäfer und Co fest unter Glas.

Von Michael Jaumann, MZ

REGENSBURG. "Iiiihhh, eine Spinne, Iiiiihhhhh..." Die 22 Drittklässler der Hans-Herrmann-Schule kreischen so hingebungsvoll, dass die Ohren singen. Dr. Ulrich Sötz bleibt gelassen. Bei mehr als 100 Klassen, die er bisher in seinem zum "Naturmobil" umgebauten Wohnwagen unterrichtet hat, kann den Biologen nichts mehr erschüttern. Er setzt auf die Hilfe der Natur: Wenig später sitzen die meisten Schüler schon vor ihren Mikroskopen und gucken fasziniert auf 20-fach vergrößerte Spinnen. "Äh ist das scheußlich", heißt es bei den Mädels zwar immer noch. Der interessierte Unterton ist aber deutlich zu vernehmen.

Springschwänze, Hundertfüßler, Tausendfüßler, Marienkäfer, Ohrwürmer und eben Spinnen haben die Neunjährigen beim Projektunterricht an diesem nebligen Morgen unter dem Herbstlaub des Keilbergs entdeckt. Je nachdem, wie aktiv und interessiert die Klasse ist, lässt sich im Herbst noch Krabbelgetier in Hülle und Fülle in die bereitgestellten Becherlupen schubsen. Die 22 haben meist den Naturpädagogen für sich arbeiten lassen. Entsprechend gering ist später die Bandbreite der Insekten unter dem Mikroskop. Es reicht aber für relative Ruhe und mitunter auch Faszination. "Sobald die Kinder etwas zum Anschauen haben, ist der Lärm weg", grinst Sötz.

140 Gruppen mit zusammen genommen mehr als 4700 Besuchern hat der im Auftrag des Bund Naturschutz (BN) arbeitende Biologe seit knapp mehr als einem Jahr in seinem rollenden Labor informiert. Er wird mit seinem bunt bemalten Wohnwagen mit den 28 Laborplätzen zu BN-Aktionen genauso engagiert wie zu einem Tag der offenen Tür oder einer Geburtstagsfeier. Überwiegend aber hält er Naturkundeunterricht für Schulklassen - bisher über 100 in und um Regensburg. Nun kann er Stadt- und Landkinder schon am Verhalten unterscheiden und weiß, wie konzentriert die einzelnen Jahrgangsstufen bei der Sache sein können. Bis zur achten Klasse reicht das Unterrichtsangebot inzwischen.

Mit der dritten Klasse war an diesem Herbsttag das Thema Wald angesagt. Zusammen mit dem Unterrichtsthema Boden geht das auch in der kalten Jahreszeit - und das Naturmobil lässt sich zudem prima heizen. "Man möcht's net glauben, aber den ganzen Winter über sind in der Natur Tiere zu entdecken," sagt Ulrich Sötz. Später freilich nur winzige Tiere, ein bis zwei Millimeter große Springschwänze etwas oder Milben, die der Biologe mit einer sogenannten Lichtfalle für seine Schüler fangen kann.

Für diesen Winter hat Sötz seine Angebotspalette erweitert, zum Beispiel um den Bereich Sonnenenergie. Künftig stehen eine kleine Solaranlage und eine Photovoltaikanlage für Versuche zur Verfügung.

Mikroskop
Die Krabbler fesseln beim Blick durchs Mikroskop. Fotos: Jaumann

Wenn das Licht zu knappe ist, hilft ein Halogenstrahler nach, damit sich kleine Modelle bewegen oder drehen können. Und sogar eine schlichte Kartoffel wird ein Glühwürmchen zum Leuchten bringen. Fünf bis sechs Versuchsanordnungen stehen zum Ausprobieren bereit. Für das neue Fach "Natur und Technik in der fünften Klasse des achtstufigen Gymnasiums "G8" glaubt sich der Biologe Sötz gut gerüstet.

Stoffkreisläufe am Beispiel Papier sind ein weiteres Thema von Versuchsreihen. Dabei wird Papier unter dem Mikroskop untersucht, darf man Papier schöpfen und werden kurze Filme auf dem Monitor im Naturmobil gezeigt. Bei Wettbewerb dürfenb die Kinder schließlich das tun, was kein Lehrer gerne sieht - Papierflieger werfen. Das weitgehend vergessene Recycling- Papier will der BN-Pädagoge ebenfalls ansprechen.

Während diese Programme schon jetzt buchbar sind, feilt Biologe Sötz noch an einem Konzept zum Thema Wasser. Richtige Versuche sollen dann möglich sein, es werden Chemikalien gemischt, um Parameter wie Nitrat oder Phosphat zu erkennen. Für die nötige Ausstattung ist bereits ein Zuschuss beim Umweltministerium beantragt. Dann wird das Naturmobil so richtig zum rollenden Labor.

GUT ZU WISSEN: Rollendes Labor kommt überall hin

j.n. Das Naturmobil ist ein Projekt der Bund Naturschutzgruppe Mintraching, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen. Das mit 28 Mikroskopen bestückte mobile Klassenzimmer entstand aus einem großen Wohnanhänger, der für die Erfordernisse einer mobilen Umweltstation um-und ausgebaut wurde. Fotovoltaikanlage für die Versorgung mit elektrischer Energie, Gasheizung und interne Wasserversorgung erlauben es, das rollende Labor an beliebigen Standorten und bei jeder Witterung einzusetzen.

Die Schulen in Stadt und Land werden in den kommenden Wochen über die neuen Angebote schriftlich informiert.

Nähere Informationen zur Buchung finden sich im Internet.
www.naturmobil.net

Quelle: MZ, 03.11.2004
Stand: 01.01.2011 22:00
HHGS
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