Rede zur Eröffnung der Feier

Liebe Familie Ulfig, sehr geehrter Herr Hottner, als offizieller Vertreter von Bürgermeister Weber sowie sehr geehrter Herr Kulturreferent Unger!

Sehr verehrte Gäste!

Sie werden sich wundern, dass ich heute- nicht wie üblich alle hier sich befindlichen Gäste einzeln begrüße. Im Laufe meiner Rede, einer Märchenerzählung, werden Sie erfahren, dass fast jeder hier Anwesende seinen Teil zu dieser heute stattfindenden Feier beigetragen und es besonders verdient persönlich in meiner Erzählung begrüßt zu werden..

Vor 42 Jahren kam ich zum ersten Mal in die HHGS - als Pädagogikstudentin. Schon damals fiel mir die gelungene Ausgestaltung der Schule durch den Maler Willi Ulfig auf.

Besonders die kindgerechten Motive gefielen mir. Sie hatten alle einen Bezug zur Gedankenwelt der Kinder: Märchen, verwunschene Wälder und Landschaften, im Grundschultrakt die Bremer Stadtmusikanten, das Rotkäppchen mit dem bösen Wolf und natürlich die beiden Holzplatten "Der Wettlauf zwischen Hase und Igel" sowie "Fuchs du hast die Gans gestohlen".

Als Lehrerin kam ich 1991 an die HHGS. Und dort dienten mir im Kunstunterricht, aber auch beim Aufsatzschreiben oder beim Beobachtungstraining die Flurbemalungen Ulfigs oft als Hilfe, Anregung und Motivation für die Kinder.

Die Grundsanierung und Umgestaltung der Schule in der Zeit ab 1995 habe ich mit sozusagen life miterlebt. Dabei natürlich auch den Abriss des sogenannten Pavillons, der in dieser Zeit schon nicht mehr zur Grundschule gehörte.

In letzter Minute erinnerten sich meine damalige Chefin, Frau Rowinski und ich an die Werke von Ulfig im Abrissbau. Frau Christa Meier, die damalige Oberbürgermeisterin zeigte damals großen Mut, als sie aufgefordert wurde mit einem Ungetüm, einer Schaufelkralle gebeten wurde die Mauern des Pavillons einzureißen. Gott sei Dank blieb es nur bei einigen Stößen, so dass meine Chefin und ich zwar nicht mehr die Wandmalereien retten konnten, sondern nur die Holzarbeit, die der damalige Hausmeister, Herr Riemhofer, unter abenteuerlichen und gefährlichen Umständen abschrauben konnte.

Diese beiden Originalstücke wurden im jetzigen Grundschulgebäude, gleich bei meinem damaligen Klassenraum angebracht.

Bei der Renovierung des Gebäudes mussten sie aber wieder abgeschraubt und eingelagert werden.

Nach Fertigstellung der Renovierung waren sie aber weg. Ich ärgerte mich dermaßen darüber, dass ich beschloss irgendwann, zumindest aber vor meiner Pensionierung diese wunderschönen Darstellungen von Ulfig nachbilden zu lassen. Denn dieser Diebstahl, Vandalismus oder was auch immer, ließ mir keine Ruhe und ich sann auf Wiederherstellung des Werkes. Ich fragte bei Frau Ulfig nach, ob sie einverstanden wäre diese Holzplatten ihres Mannes nachzubauen und sie war darüber hocherfreut und erlaubte mir dies. Und gleichzeitig fragte ich bei ihr an, ob sich eventuell noch Skizzen irgendwelcher Art bei ihr zu Hause befänden, um sie dann zu einem günstigen Zeitpunkt eventuell nachbauen zu können. Frau Ulfig suchte das ganze Haus ab, fand aber nichts.

Dass es aber so lange dauern würde, hatten zu diesem Zeitpunkt weder sie noch ich gedacht! Es verging viel Zeit und irgend wann erinnerte ich mich daran, dass ich ja Ulfigs Werke nachbauen lassen wollte. Meine Pensionierung rückte näher und näher, die Zeit war also gekommen.

In Erinnerung damals, dass Frau Ulfig keinen Entwurf von dem "guten Stück" gefunden hatte, begab ich mich auf die Suche nach irgendwelchen Fotos, die vielleicht in damaliger Zeit gemacht worden waren.

Aber da stieß ich schon auf die ersten Schwierigkeiten. Mein Mann musste Herrn Dr. E. Trapp bei der Denkmalpflege aufsuchen; mit dem Ergebnis nichts zu finden. Nicht anders erging es ihm bei Dr. Reiner Meyer in der Abteilung des Historischen Museums der Stadt. Beiden Herren meinen herzlichsten Dank bei der Hilfe eine Abbildung von Ulfigs Kunstwerk aufzufinden.

In meiner Verzweiflung fragte ich nochmals bei der Frau Rowinski nach, ob sie vielleicht ein Foto nach der Sanierung gemacht habe, als das Kunstwerk vor meinem Klassenzimmer hing. Ich will die Sache abkürzen, sie hatte!

Weil das Foto aus einer schrägen Position aufgenommen worden war, musste mein Sohn als Mathematiker die Schrägaufnahme am Computer entzerren und die Original-Maße berechnen. Es entstand eine Kopie auf der Grundlage der Größe der Klinkersteine an der Wand im Verhältnis 1:1.

Jedoch handelte es sich um ein schräges Bild, was ja verständlich war; denn wie hätte man sonst beide Platten im Ganzen auf ein Foto bringen können.

Diese Schwierigkeit wurde von meinem Sohn, Diplommathematiker Arndt Wills gelöst, der mithilfe seiner Informatikkenntnisse die Bilder "gerade" ziehen konnte. Dies aber auch nur, wie er mir versicherte, weil das Werk auf einer messbaren Backsteinwand hing, die man berechnen konnte.

Nun musste jemand gesucht werden, der mir den Plattenentwurf herstellte. Die erste Nachfrage beim benachbarten Förderzentrum war zwar erfolgreich, zerschlug sich aber wieder, weil der Werklehrer für längere Zeit erkrankte und deshalb nichts veranlassen konnte.

Die nächste Stelle war die Hans-Herrmann-Hauptschule, wo Herr Alex Baumann arbeitete. Der erklärte sich gleich bereit mit zwei ganz guten Schülern, die "dazu prädestiniert seien" das Werk in Angriff zu nehmen. So kamen also Sergej Tupota und Waldemar Lebedev ins Spiel.

Dankenswerterweise haben diese zwei Schüler der Hauptschule unter Leitung Ihres Lehrers, Herrn Baumann die Vorlage aus Holz wundervoll und gekonnt ausgesägt.

Endlich landeten sie in meinem Rektorat im Juli 2008. Dort warteten sie einige Zeit, leider bis Weihnachten, weil ich nicht eher dazu kam sie anzustreichen. Erst in den Weihnachtsferien fand ich die Zeit die Werke zu streichen, jedoch bis zum Ende der Ferien war alles gestrichen. Ich hoffe, dass ich den Originalton getroffen habe. Und danach wurden sie gleich wieder aufgehängt an den schon vor Jahren "alten", vorbestimmten Platz.

Jedoch inzwischen hatte ich erfahren, dass Familie Ulfig den Nachlass des Künstlers an Herrn Emanuel Schmid, Nachlassverwalter im Kunstkontor Westnerwacht übergeben hatte. Meine Güte, sollte ich da jetzt eventuell auch noch Schwierigkeiten bekommen nach so langer, mühevoller Rekonstruktion der Märchenplatten?!

Sehr erleichtert war ich, als mir noch einmal der inzwischen in Gang gesetzte Nachbau erlaubt und bestätigt wurde, zugleich mit der Beruhigung, die Familie würde mit Herrn Schmidt darüber sprechen.

Mit Herrn Schmidt traf ich mich dann in der Westnerwacht und wir wurden uns schnell einig. Er bot mir sogar an eine kleine Ausstellung in meiner Schule mit Originalwerken des Meisters für kurze Zeit auszustellen, was ich natürlich hocherfreut annahm.

Nun sitzen hier noch Gäste wie Polizeiwachtmeister Hans Wenzl, der sich dankenswerterweise sofort anbot musikalisch diese Ulfig- Feier mit ein paar Schülern zu eröffnen, ebenso unser Traditions- und Comeniusprojekt unterstützender Stadtrat Tahedl, der es liebenswürdigerweise übernahm den Kulturreferent der Stadt Regensburg Clemens Unger in unsere Hallen zu locken.

Ihnen allen ein herzliches "Vergelt's Gott" für alle Art der Unterstützung mein Versprechen vor vielen Jahren endlich einlösen zu können.

Am Schluss dieser märchenhaften Erzählung, die glücklicherweise trotz aller Ereignisse noch gut ausgegangen ist, möchte ich in eigener Sache noch hinzufügen:

Meine Absicht war es, die Erinnerung an Willi Ulfig, den ich sehr verehre und von dem ich auch viel gelernt und in mein künstlerisches Schaffen übernommen habe, mit dieser Arbeit wach zu halten und außerdem für die Schule wieder eine wertvolle Unterrichtshilfe herzustellen. Es handelt sich bei uns in der Schule nämlich nicht nur um schöne Bilder, sondern wir versuchen unter Einbeziehung mancher Ulfigbilder sie nicht nur zu rekonstruieren, sondern auch farblich zu erfassen, seine Fantasie zu zeigen und den Kindern die Augen für künstlerische Vielfalt zu öffnen, vor allem sie einen berühmten Regensburger Künstler, den wir sogar im Haus haben kennen lernen zu lassen.

Ich hoffe auch, dass der erklärende Text klar macht, dass es sich hier nicht um ein Plagiat oder eine Kopie im negativen Sinne, mit negativer Absicht handelt.

Nun wird uns Herr Schmid , dem der Nachlass von Familie Ulfig anvertraut wurde, ein bisschen sachgemäßer, oder soll ich sagen Ulfig-gerechter eine kleine Festrede halten, nach dieser wir dann die neu geschaffenen, wiedererstandenen Holzkunstwerke von Willi Ulfig enthüllen.

Arlet Wills, Rektorin der HHGS

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Stand: 02.01.2011 22:00
HHGS
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